Cops machen Kulturrevolution

USAText von Jürgen Schäfer
Fotos von Frieder Blickle

In New Haven hatten Polizisten früher baumlang, weiß und kompromisslos zu sein. Eine Frau an der Spitze der Polizeiakademie leitete den Wandel ein. Heute werden die Beamten speziell dafür ausgebildet, Konflikte gewaltlos zu lösen.

Jay-Dee Smith fährt seine Bullenwanne, als wäre es ein Cabrio: Der linke Ellbogen ruht locker auf dem heruntergelassenen Seitenfenster, die Rechte auf dem Schaltknauf. Seine Sonnenbrille hat der Cop in die Stirn geschoben, so kommen die strahlend blauen Augen besser zur Geltung. Er lässt den Polizeiwagen im Schritttempo durch die Orchard Street rollen, vorbei an frisch gestrichenen Holzhäusern im viktorianischen Stil. Auf der Straße spielen Mädchen, als sie den blauen Einsatzwagen sehen, werfen sie Roller und Fahrrad hin und kommen mit wehenden Zöpfen angerannt. Jay-Dee hält den Wagen an, die Mädchen schenken ihm einen Lolli, ihre Eltern stehen im Vorgarten und winken Jay-Dee freundlich zu.

Normal ist das nicht. Der Cop Jay-Dee Smith, Enkel irischer Einwanderer, ist so weiß, weißer geht’s nicht, die Mädchen in der Orchard Street tragen ihre Jeans knietief wie die Hiphop-Stars auf MTV und sind schwarz, und noch vor wenigen Jahren hätte hier eine Begegnung der andern Art stattgefunden. Jay-Dee wäre nur mit Blaulicht durch die Orchard Street gebraust. Anlässe dazu gab’s genug; im armen Innenstadtviertel von New Haven waren noch vor kurzem Schießereien, Überfälle, Einbrüche an der Tagesordnung. Ein weißer Cop in der Orchard Street wäre verfolgt worden, von hunderten schwarzer Augen.
Kinder spielen, wo einst Gewehrkugeln pfiffen

Heute spielen Kinder, wo einst die Kugeln pfiffen

Nun ist Frieden eingekehrt in die einst so unruhigen Straßen von New Haven, Connecticut. Heute spielen Kinder, wo einst im Gefecht der Straßengangs die Kugeln pfiffen. An den Fenstern ehemaliger Drogenhöhlen blühen Geranien. Viele der Gangster von einst sind entweder hinter Gitter gewandert oder ehrbare Bürger geworden, die samstags die Straße vor ihrem Grundstück kehren. Seit den Neunzigerjahren ist die Verbrechensrate in New Haven um mehr als 60 Prozent gefallen. Das sind die Erfolgszahlen einer ungewöhnlichen Form von Polizeiarbeit, dem „Community Policing“.

Was sich harmlos als „gemeindeorienierte Polizeiarbeit“ übersetzen lässt, war in Wahrheit eine Kulturrevolution. Ihren Ursprung hatte sie in der Polizeischule von New Haven. In den Sechzigerjahren wurde dort, im einstigen Polizeiposten am Sherman Parkway, noch Rockstar Jim Morrisson wegen „unanständigem Verhalten“ eingebuchtet, doch damals waren die Polizisten in New Haven noch simple Ordnungshüter. Heute begrüßen den Besucher im Flachbau am Sherman Parkway Sinnsprüche, die sich auch ein stolzer Hippie aufs bunte Wams sticken könnte: „Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“, zitiert ein Banner den französischen Philosophen Victor Hugo, die Schrift in poppigen Farben verschnörkelt.

Die Polizeischule ist das Reich von Kay Codish, der einzigen Zivilistin in den USA, die eine Polizeiakademie leiten darf. Seit sie die Schule vor 13 Jahren übernommen hat, ist nichts mehr wie zuvor: Neben Recht und Gesetz pauken die künftigen Cops korrektes Englisch und Poesie, neben dem Umgang mit der Waffe üben sie in Rollenspielen, Konflikte unblutig zu lösen. Sie schreiben Theaterstücke über Rassenhass, die sie gemeinsam mit Straßenkindern einstudieren und aufführen. Die Kalligraphie der plakativen Kalendersprüche setzt sich auch im Klassenzimmer fort: „Für eine Freundlichkeit ist es nie zu früh – weil du nie weißt, wann es dafür zu spät ist.“

Süchtige brachen erst Autos auf, dann Wohnungen

Als Kay Codish Anfang der Neunzigerjahre die Polizeiakademie übernahm, ging es New Haven so schlecht wie noch nie in seiner Geschichte. Bereits in den Achtzigerjahren begann sich der Himmel über dem einst prosperierenden akademischen Zentrum, Sitz der altehrwürdigen Yale University, einzutrüben. In den ärmeren Vierteln der Innenstadt tauchten die ersten Glasröhrchen auf, achtlos am Straßenrand zertreten. Es waren Pfeifen zum Rauchen von Crack-Kokain, Vorboten einer gewaltigen Drogenepidemie. Süchtige brachen erst Autos auf, dann Wohnungen. Die Dealer konkurrierten um die besten Verkaufsplätze, es kam zu Messerstechereien, zum ersten Crack-Mord, zu Schießereien mit halbautomatischen Waffen. Die Innenstadt verwahrloste; Nutten standen an den Straßenecken, Gangster patroullierten ihr Revier, Western-Revolver im Hosenbund.

„Wir hatten sieben verschiedene Gangs in einer Stadt von 125.000 Einwohnern, fast jede Woche einen Mord“, erinnert sich Kay Codish. Es gab Sozialwohnungssiedlungen, in die sich Polizisten nur noch mit Verstärkung wagten. Die Lampen in den dunklen Fluren zerschossen, der Aufzug kaputt, die Wände mit Gangster-Graffiti beschmiert. Bewohner warfen alte Fernsehgeräte vom Dach der Hochhäuser auf vorbeifahrenden Polizeiwagen. „Die Menschen flohen in Scharen aus der Innenstadt“, erzählt Kay Codish. „Sie schlossen nicht einmal mehr die Tür hinter sich ab, als sie auszogen. Ihre Häuser waren wertlos geworden. Die Polizei war drauf und dran, den Krieg zu verlieren.“

Die Beamten verschanzten sich in dieser Zeit im Präsidium, einem feindselig wirkenden Klinkerbau mit schmalen Fensterschlitzen, der wie ein bösartiger Bullterrier die Zufahrt zur Innenstadt bewacht. Sie rasten mit Blaulicht aus der Tiefgarage des Einsatzbunkers von Tatort zu Tatort, doch sie bekamen die Explosion des Verbrechens nicht in den Griff. „Die Polizisten kamen immer erst, wenn das Verbrechen geschehen war, verhafteten möglichst viele Menschen, ohne Fragen zu stellen, schrieben ihren Bericht und fuhren dann zum nächsten Tatort.“ Als sei das die richtige Antwort, wurden damals die Rekruten auf der Polizeiakademie unbarmherzig auf Härte gedrillt: „Wer seine Klimmzüge nicht schaffte, musste den Boden mit der Zahnbürste putzen. Und abends, wenn der Unterricht fertig war, warf der Chef noch eine Packung Konfetti in die Luft und sagte: Aufheben, aber alles!“ Die Schüler lernten, wie man andere am Kragen packt und möglichst mies behandelt.

In drei Monaten stellt Kay Codish die Polizeiakademie auf den Kopf

Wer Polizist werden wollte, musste mindestens einsachtzig groß sein. Damit waren viele Frauen und Latinos ausgeschlossen, die zusammen die Mehrheit der Bevölkerung New Havens stellen. Die meisten Polizisten waren stämmige Nachfahren italienischer und irischer Einwanderer, „weiße Vorstadtcowboys, die ein wenig Abenteuer suchten“. Das Problem war: In manchen Sozialwohnungssiedlungen sind fast alle Bewohner schwarz. „Wie sollten die miteinander kommunizieren?“ Das New Haven Police Department trug in den Achtzigerjahren Züge einer paramilitärischen Organisation, besetzt mit stiernackigen Bullen, die nichts und niemanden fürchten.

Außer vielleicht jemanden wie Kay Codish. Sie wird 1992 vom damaligen liberalen und mutigen Polizeipräsidenten zur Leiterin der Polizeischule berufen. Aktivistin der schwul-lesbischen Bewegung, Aktivistin der Anti-Vietnam-Bewegung. Studium der Literatur an der Sorbonne, praktiziert Yoga, trägt bunte Röcke. Eine zottelige, unzähmbare Mähne auf dem Kopf, ein weicher Händedruck, eine sanfte Stimme. Das schlimmste für alle uniformierten Machos: Diese Frau in Zivil ausgestattet mit der Macht eines Captains.

In drei Monaten stellt Kay Codish die Polizeiakademie auf den Kopf. Aus „Rekruten“ werden „Schüler“, die aus allen erdenklichen Bevölkerungsgruppen angeworben werden: Homosexuelle und alleinerziehende Frauen, Latinos und Afro-Amerikaner. Auf dem Stundenplan rücken die Schießübungen in den Hintergrund, dafür stehen Besuche in der Suppenküche auf dem Programm. Kay Codish bringt Prostituierte und Geistesgestörte, schwule Stricher, Obdachlose und misshandelte Frauen ins Klassenzimmer. „Gerade als Polizist gilt: Behandele andere so, wie du von anderen behandelt werden willst“, bleut sie den Schülern ein. War vorher die hohe Zahl der Verhaftungen Ausweis erfolgreicher Polizeiarbeit, kehrt Kay Codish die Logik um: „Eine Festnahme bedeutet, dass die Polizei bei der Prävention versagt hat.“

Parallel zur Akademie wird die Polizeiarbeit neu organisiert

Binnen weniger Tage nach dem Start der Akademie hat Kay Codish Klopapier im Briefkasten. Einer Schülerin werden die Reifen ihres Wagens aufgeschlitzt. Ein Schüler entleert seinen Darm in der Dusche, „offenbar ein hilfloser Protest gegen die Führung der Akademie“. Einige Polizisten murren, die Codish wolle sie zu Sozialarbeitern umerziehen. Sie lässt sich nicht beirren. Unter­richtseinheit „Häusliche Gewalt“: Alle Schüler nehmen eine Zwanzig-Dollar-Note aus ihrem Geldbeutel und geben den Geldbeutel dann ab. „Jetzt stellt Euch vor, Ihr seid eine Frau, Mutter von drei Kindern, die gerade von ihrem Ehemann grün und blau geschlagen wurde. Euer ganzer Besitz sind zwanzig Dollar, was macht Ihr?“ Die Rollenspiele sind verhasst, das weiß Kay Codish, „doch in solchen Situationen lernen die Schüler am meisten“.

Parallel zur Akademie wird die Polizeiarbeit in New Haven neu organisiert. Statt allein aus dem Präsidium heraus zu operieren werden in zehn Bezirken lokale Polizeiposten eingerichtet. Die Chefs der Polizeiposten müssen sich in ihrem Bezirk engagieren, mit Schulen, Kirchen, Geschäftsleuten und Bürgern zusammenarbeiten, außerdem bei der Gründung von sogenannten „block watches“ helfen, Nachbarschaftsgruppen. Die Polizisten lassen ihre Streifenwagen stehen und patroullieren ihr Revier zu Fuß. So haben sie Gelegenheit zu Gespräche, gleichzeitig zeigen sie: Wir sind da! Aus einer anonymen Ordnungsmacht werden Nachbarn in Uniform.

Die Erfolge der neuen Polizeiarbeit sind vor allem dort zu spüren, wo sie am bittersten nötig sind: in den ärmsten Vierteln. „Früher war die Polizei dein Feind“, erinnert sich der Afroamerikaner Sam Foster, der einen Nachtclub betrieb, bevor er sich in Hill North niederließ, einem der Problembezirke New Havens. „Wenn an einer Straßenecke vier Schwarze standen und irgendwo was passiert war, kam ein Polizeiwagen an, die Beamten sprangen raus und verhafteten alle, ohne Fragen zu stellen.“ Andererseits sei es nutzlos gewesen, die Polizei um Hilfe zu bitten: „Deren Haltung war: Sollen sich die Schwarzen doch gegenseitig abknallen.“ Sam Foster schätzt, dass in den Neunzigerjahren fast die Hälfte aller Jugendlichen aus der schwarzen Bevölkerung New Havens durch Drogen oder Gewaltverbrechen ums Leben kam: „Wir haben eine Generation verloren.“

Lieutenant Jay-Dee Smith eröffnet die Sitzung mit schlechten Nachrichten

Sam Foster gehört heute zu den Stützen der Gesellschaft in Hill North, betreibt eine private Agentur für mobile Pflegekräfte. Zu den Versammlungen im District Management Team, der lokalen Vereinigung von Bürgern und Geschäftsleuten, die sich regelmäßig mit dem Chef des Polizeipostens treffen, trägt er Nadelstreifen und Manschettenknöpfe, die Hemdsärmel kurz genug, dass die goldene Rolex zur Geltung kommt. Den Polizeiposten leitet seit sieben Jahren Lieutenant Jay-Dee Smith, der Cop, der die Herzen in der Orchard Street erobert. Er eröffnet die Sitzung mit schlechten Nachrichten: „Diese Woche haben wir drei Handfeuerwaffen aus dem Verkehr gezogen; eine davon gestern früh um sechs Uhr bei der Verhaftung eines Drogendealers. Es war eine 357er Magnum mit Achtzoll-Lauf. Haben Sie ‚Dirty Harry‘ mit Clint Eastwood gesehen? So eine Knarre ist das.“

Über seinem Schreibtisch hängt ein Zeitungsausschnitt aus den Achtzigerjahren. Officer Smith auf der Titelseite des Lokalteils, nachdem er einen ertrinkenden Jungen aus dem Teich gerettet hatte. Daneben hat er ein Gemälde von Norman Rockwell platziert, dem Chronisten eines amerikanischen Idylls der Fünziger: der Polizist und der kleine Ausreißer, Seite an Seite am Tresen eines Diners. In den sieben Jahren hat Jay-Dee Smith so ziemlich jedem Einwohner seines Bezirks einmal die Hände geschüttelt, er trifft sich mit den Lehrern, hat die Kinder aufwachsen sehen. Wenn er sein Revier zu Fuß oder mit dem Fahrrad patroulliert, weiß er genau, wer hier etwas zu suchen hat und wer nicht dazugehört.

Ein halbes Jahrzehnt hat es gedauert, bis die Philosophie vom „community policing“ in der Polizei von New Haven wirklich umgesetzt wurde, und seitdem sinken die Verbrechensraten kontinuierlich. Friede den Hütten und Palästen. „Dieses Jahr wird das sicherste Jahr in New Haven seit mehr als 40 Jahren sein“, sagt Francisco „Cisco“ Ortiz, Polizeichef von New Haven, ein Latino, der im Getto aufgewachsen ist und mit seinen ein Meter 70 früher nichtmal Rekrut geworden wäre. „Diese Stadt wird nie wieder etwas anderes akzeptieren als ‚Community Policing‘.“ Zu den Grundwerten der Strategie zählen für Chief Ortiz die ethnische Vielfalt in der Mitarbeiterschaft. Minderheiten wie Latinos und Afroamerikaner stellen inzwischen mit 55 Prozent Anteil die Mehrheit der Polizei. Außerdem fordert er von jedem die Bereitschaft, sich auf die Gemeinde im eigenen Distrikt einzulassen: „Das ist kein Job für Roboter. Wir brauchen Menschen, die sich mit dem ganzen Herzen einbringen.“

Dem Chief macht auch der Krieg im Irak zu schaffen

Trotz seiner Erfolgszahlen hat Chief Cisco in letzter Zeit Sorgen, die er längst vergessen glaubte. „Wir finden wieder mehr Waffen. Die Mordrate ist leicht angestiegen. Das Klima auf der Straße wird gewalttätiger.“ Die Entwicklung offenbart die Grenzen des „Community Policing“. „Es gibt viele Faktoren, auf die wir keinen Einfluss haben“, sagt Chief Cisco Ortiz. Dazu zählen zunehmende Armut und Arbeitslosigkeit, aber auch neue Aufgaben, auferlegt von der konservativen Regierung in Washington. „Wir vergeuden zu viel Zeit damit, Flughäfen, Häfen und andere Einrichtungen zu bewachen“, klagt Chief Ortiz, „die Leute fehlen mir bei der Arbeit vor Ort in der Gemeinde.“ Zuletzt macht dem Chief auch der Krieg im 10.000 Kilometer entfernten Irak zu schaffen: „Ich mache mir Sorgen, welche Botschaft der Krieg hier bei uns verbreitet. Wie sollen wir unseren Kindern erklären, sie sollen Konflikte ohne Gewalt lösen, wenn wir ihnen jeden Tag am Fernsehschirm das Gegenteil beweisen?“

Obwohl die Polizei in New Haven in der Verbrechensbekämpfung zu den erfolgreichsten in den USA zählt, obwohl Delegationen aus dem In- und Ausland sich im Polizeibunker die Klinke in die Hand geben, bleibt „Community Policing“ in den USA die Ausnahme. Das hat in erster Linie mit dem Stimmungsumschwung nach dem 11. September 2001 zu tun. Seitdem sind wieder harte Cops gefragt, die Terroristen das Handwerk legen sollen.

„Der Ansatz ist falsch“, sagt Professor Joe Ryan von der New Yorker PACE University, Berater für das Heimatschutz-Ministerium: „Statt die Menschen auszuspionieren und damit unsere Verfassung aufs Spiel zu setzen, sollten wir die Rolle der Polizei neu definieren ? so wie dies Kay Codish und die Polizei in New Haven getan haben.“ Eine militärisch organisierte Polizei tauge nicht für eine so vielfältige Demokratie wie die der USA. Terroristen agierten am ehesten in der Anonymität. Also biete den beste Schutz vor ihnen eine funktionierende, lebendige Gemeinde. Mit einer Polizei, die sich integriert. Polizisten, die das Community Policing ernst nehmen, nennt Joe Ryan „Guardians of Peace“: Schutzengel für den Frieden.

Update Frühjahr 2009

Konflikt:

Nach Jahren sinkender Mordraten sind in vielen mittleren Städten der USA wieder mehr schwere Verbrechen zu beklagen. In New Haven, Connecticut, sind Schießereien inzwischen wieder an der Tagesordnung. Für konsequentes „Community Policing“ fehlen der Polizei die Mittel.

Projekt:

Die New Haven Police Academy hat es schwerer denn je, gemeindeorientierte Polizeiarbeit als Standard durchzusetzen. „Community Policing befindet sich überall in den USA auf dem Rückzug“, klagt Kay Codish, Leiterin der Police Academy. „Weil immer mehr Geld in Terroristenabwehr investiert wird, sind die Polizeistationen chronisch unterbesetzt.“ Auch sei es schwierig, junge Menschen für den Polizeiberuf zu begeistern; sie würden abgeschreckt durch strenge Hierarchien und schlechte Bezahlung. Anwerbung von Frauen und Latinos, wichtiges Ziel der Schulleiterin, bleibt schwierig: Unter derzeit 45 Schülern sind nur drei Frauen. Ein massiver Korruptionsskandal hat dem Ansehen der Polizei in New Haven schwer geschadet. Ein korrupter Beamter des Drogendezernats hatte in Kauf genommen, dass Unschuldige vor Gericht verurteilt wurden. Die gesamte Polizeidirektion musste sich einer FBI-Untersuchung stellen. Der Skandal hat mühsam aufgebautes Vertrauen zerstört, die Basis gemeindeorientierter Polizeiarbeit. Auf den Straßen von New Haven bedeuten die Rückschläge einen Verlust an Interaktion zwischen Polizei und Gemeinde, was zu mehr Konfrontation und mehr Gewalt führt. „Manchmal fühlt es sich an, als wären wir ins Jahr 1985 zurückversetzt“, vor die Anfänge des Community Policing, sagt Kay Codish. Ihre Prognose ist düster: „Ich bin sicher, dass es wieder besser wird. Aber bevor es besser wird, wird es erst einmal noch schlimmer werden, fürchte ich.“