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Ring frei für den Frieden

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Text: Rike Uhlenkamp
Fotos: Uli Reinhardt

Gangs, Gewalt und Islamismus bestimmten die Jugend von Shehu Ubale im Norden Nigerias. Heute gibt er Straßenkids mit seiner Boxschule eine Perspektive und radikalisierten Jugendlichen eine neue Heimat. Ein täglicher Kampf in einem der gefährlichsten Länder der Welt.

Eine drei Meter hohe Mauer trennt das Böse vom Guten. Draußen schlängeln sich vermüllte Straßen durch Brigade, einem Slum in Kano, die größte Stadt im Norden Nigerias. Das völlig heruntergekommene Viertel ist ein Nährboden für Drogendealer, Straßengangs und fanatische Gruppen, hier radikalisierte sich der Gründer von Boko Haram. Innerhalb der Mauer wirbeln Sand und Plastikmüll über den Asphalt. Halbwüchsige keuchen, Männer schreien, Schläge klatschen. Wie jeden Tag trainieren junge Kämpfer des Boxclubs auf dem Sportplatz. Die Sonne brennt, es riecht nach Schweiß.

Vor dem Chefcoach des Boxclubs steht ein Siebzehnjähriger und schaut auf seine zerlöcherten Turnschuhe. „Warum kommst du zu spät?“ fragt Shehu Ubale, ein großer, drahtiger Mann, 42 Jahre alt. Der Junge beißt sich auf die Unterlippe und schweigt. „Stell dich an die Seite und guck zu“ sagt Ubale und widmet sich wieder dem Teenager im Boxring, der gegen die Pratzen des Assistenzcoachs schlägt, links, links, rechts, bei jedem Schlag verengen sich seine Augen zu Schlitzen. „Kleine Schritte, kleine Schritte, jetzt die Rechte. Angreifen!“, schreit Ubale.

Der Unpünktliche kauert im schmalen Streifen Schatten, den die Mauer wirft. Ubale würdigt ihn keines Blickes. Die Jungs brauchen Disziplin. Das weiß Ubale. Er war selbst einmal wie sie. Ubales Geschichte ist die eines Kindes, das auf der Suche nach Freunden zuerst in einer Gang und später bei religiösen Fanatikern landete. Aber es ist auch die Geschichte eines Mannes, der heute für den Frieden kämpft.

Wer seinen Weg vom Bösen zum Guten verstehen will, muss mit ihm nur ein paar Schritte durch Brigade gehen, wo die Straßen so viele Schlaglöcher haben wie die Bewohner zerplatzte Träume. Kein fließend Wasser, kein Strom. Streunende Ziegen knabbern an Haufen aus Müllsäcken. Von Nigerias Ölreichtum im Süden fließt kaum etwas in den Norden. Während sich eine dünne Oberschicht bereichert, leben die meisten im Umfeld der Boxschule von knapp einem Dollar am Tag. Frauen bekommen im Schnitt sieben Kinder. Zu viele, um jedes zur Schule schicken zu können. Jungs ohne Bildung und Perspektive sind leichte Beute für Islamisten.

Um die Jahrhundertwende, also lange bevor die Killertruppe mehr als 20.000 Menschen getötet hatte, tauchte Muhammad Yussuf, der Gründer Boko Harams, in Brigade auf, traf sich regelmäßig mit Imam Ja’afar Mahmud Adam. Unter dem Einfluss des Fanatikers radikalisierte er sich. Schließlich predigte er selbst in Städten und Dörfern Nordnigerias, prangerte Armut und Korruption an. Er sprach vielen Abgehängten aus dem Herzen.

„Um uns herum war überall Boko Haram“, sagt Ubale. „Aber Jungs brauchen doch etwas anderes als Gewalt, in das sie ihre Energie stecken“. 2008 gründete er die Boxschule. Anfangs trainierte er ein Dutzend Straßenkids und ehemalige Gangmitglieder, Aussteiger wie er. Heute kommen 45 Jungen und junge Männer zwischen fünf und 25 Jahren zu ihm, reagieren ihre Aggressionen am Sandsack ab, im Sparring Mann gegen Mann, Runde um Runde nach festen Regeln. Seine Schule ist ihre Zuflucht, bei ihm fühlen sie sich verstanden. Er hört ihnen zu und er unterrichtet sie: in Mathe, Chemie, Englisch – und fürs Leben.

Ihre Körper zittern. Neben dem Boxring liegen sie im Staub, die angewinkelten Beine in der Luft, heben und senken die Oberkörper. „Fünfundzwanzig, sechsundzwanzig, siebenundzwanzig“, zählt Ubale die Sit-ups, „achtundzwanzig, neunundzwanzig, dreeeeißig“. Die Jungs prusten, lassen sich rücklings fallen. „Du machst noch zehn“, befiehlt Ubale dem unpünktlichen Schüler. Der zieht mit letzter Kraft die Beine zur Brust, stößt einen Schrei aus und fällt zurück. Ubale lacht, beugt sich zu ihm und streicht ihm über den Kopf. Genug gebüßt.

Das Training ist zu Ende. Ubale zieht den Schlüssel aus dem Vorhängeschloss an der Tür seines kleinen Trainerbüros und tritt durch ein schiefes Metalltor auf die andere Seite der Mauer. Ein Kind mit einer Schubkarre voll Feuerholz rumpelt vorbei. Ubale hüpft über einen stinkenden Abwassergraben und ist zuhause. Auf der Terrasse sitzt Ai Muhammed, seine Großmutter. Er hockt sich neben sie in den Schatten des Wellblechdachs, legt seine Hand auf ihren Arm, lächelt sie an.

Bei Ai ist er aufgewachsen. Seine ersten sieben Lebensjahre verbrachte er noch bei den Eltern rund hundert Kilometer nördlich von Kano. Für die Dorfschule hatte er keine Zeit. Seine Eltern waren Kuhhirten, er musste helfen. Als sein Vater bei einem Autounfall starb und ihn der neue Mann seiner Mutter ablehnte, kam er zur Großmutter. 

„Shehu konnte schon als Kind nicht stillsitzen, er war immer unterwegs“, sagt Ai. Narben durchziehen die Wangen ihres runden Gesichts. Während sie in Kano und Umgebung mit Textilien hausieren ging, stromerte der Junge durch die Gassen, hing mit gleichaltrigen und älteren Jugendliche rum, geriet an die Falschen.  Mit acht Jahren schloss er sich Yandaba an, Kanos berüchtigtster Straßengang, die bis heute die Stadt terrorisiert. Mit Säbeln, Macheten, Messern und Gewehren bewaffnet lassen sie sich von lokalen Politikern bezahlen, um ihre Gegner einzuschüchtern oder sie kämpfen gegen rivalisierende Gangs. Es sind erbarmungslose Bandenkriege um Einfluss und Macht, aber auch aus Langeweile.

„Ich fühlte mich, als könne ich einen Löwen besiegen“, sagt Ubale, der sich mit Opioiden aufputschte und mit Valium beruhigte. Drogen, die es an allen Straßenecken zu kaufen gab und für die er jobbte, aber auch stahl und raubte. „Wenn die Leute in den Straßen meinen Namen hörten, liefen sie weg“. Nein, getötet hätte er niemanden, beteuert er, aber viele seien wegen ihm im Krankenhaus gelandet. Ob alle lebend rauskamen? Er weiß es nicht.

Zehn Jahre bestimmte die Gang sein Leben. Am Ende war es ein Moment brutalster Gewalt, der seiner Geschichte eine Wendung gab: In einer Straßenschlacht starb sein bester Freund. „Sie haben ihm den Schädel eingeschlagen, er verblutete. Ich stand daneben“. Ubale flüchtete vor der Polizei und der gegnerischen Bande. „Ich ließ mich vor meinem Haus fallen“, erinnert er sich. „Hab da gesessen bis die Wirkung der Drogen nachließ und ich wieder klar denken konnte: So will ich nicht mehr leben!“.

„Plötzlich war er viel zuhause und sah sehr traurig aus“, sagt Ai und blickt lächelnd auf die drei Nachbarskinder, die immer wieder durch den Innenhof jagen, an einem kleinen Kabuff vorbei, in dem sich Stoffbahnen, Papiere und Boxhandschuhe stapeln. In dieser dunklen Rumpelkammer, grad groß genug für eine schmale Matratze, hatte sich Ubale damals verkrochen. Er wusste, seine Freunde waren von jetzt an seine Feinde: „Wenn du aus der Gang aussteigst, jagen sie dich, um dich zurückzuholen. Oder um dich zu verletzten, dich fertig zu machen. Nur das Haus deiner Familie respektieren sie.“

Mitten in Kano erhebt sich Dalla Hill aus einem ockerfarbenen Häusermeer. Mit 534 Metern ist der rote Sandsteinhügel höchster Punkt der Stadt. Die Savanne um Kano lässt sich von hier nur ahnen. Flache Lehm- und Backsteinhäuser drängen sich aneinander, verschwimmen mit dem Horizont. Durchbrochen wird das Bild von Minaretten der Moscheen. In und vor der größten, der Kano Central Mosque, beten an diesem Freitagmorgen mehr als 50.000 Gläubige. In Brigade tönt die Stimme des Muezzin über die Mauer zur Boxschule herüber, er ruft zu einem weniger schmuckhaften Ort: Auf einem kleinen Hof nebenan knien Männer im Staub. Vor wenigen Tagen hat der Ramadan begonnen, Essen und Trinken ist erst nach Sonnenuntergang erlaubt.

Mehr als neunzig Prozent der Bewohner Kanos sind Muslime, Christen machen weniger als zehn Prozent der Bevölkerung aus. Die meisten von ihnen wohnen in Sabon Gari, einem Viertel direkt neben Brigade. Nur hier stehen ihre Gotteshäuser, nur hier dürfen sie beten. Seit 2000 gilt im Bundestaat Kano –wie in elf der 36 nigerianischen Bundestaaten – die Sharia, die islamische Rechtsprechung. Schon im Stadtbild wird sie sichtbar, wenn muslimische Mädchen in die Schule laufen und ihre hüftlangen Hijabs durch die Straßen wehen oder wenn sich Frauen und Männer kaum zusammen in der Öffentlichkeit zeigen. Dass Muslime zu einer anderen Religion konvertieren ist verboten, und auf Gotteslästerung steht die Todesstrafe.

Zwei Jahre traute sich Ubale kaum aus dem Haus. Er war fast zwanzig, als er sein Versteck verließ. Noch immer war er als gefürchteter Kämpfer der Yandaba bekannt. Heute glaubt er, dass die Männer in der Moschee auch deshalb auf ihn zukamen. Die Moschee, ein paar Straßenzüge entfernt, bildet in Kano das Zentrum des Islamic Movement Nigeria, eine schiitische Glaubensbewegung. Die Männer erklärten ihm ihre Sicht auf den Islam. Sie besuchten ihn zuhause, kamen immer öfter. „Am Anfang redeten sie über das Paradies, dann über Suren und Verse im Koran, von denen ich noch nie gehört hatte. Ihr Wissen hat mich beeindruckt“. Er schloss sich ihnen an, pilgerte sogar in das knapp 200 Kilometer entfernte Zaria, dem Mekka nigerianischer Schiiten. „Ich spürte, ich bin auf dem richtigen Weg.“

Er hörte die Predigten von Ibrahim El-Zakzaky, Gründer der shiitischen Bewegung, der gegen den nigerianischen Staat wetterte, gegen die Sunniten – die Mehrheit der Muslime in Nigeria – und gegen Christen. Die Gruppe galt zunächst als friedlich. Erst, als sich Mitte der neunziger Jahre das Gerücht verbreitete, ein christlicher Händler hätte sich mit dem Koran den Hintern abgewischt, enthauptete ihn eine Splittergruppe der Bewegung. Sie spießte seinen Kopf auf einen Stock und trug ihn durch die Stadt. Auch Zakzaky wurde vielen zu fanatisch. Zusammen mit anderen stieg Ubale aus. Viele von ihnen stolperten in die nächste religiöse Sekte, aus der sich eine der brutalsten Terror-Milizen der Welt entwickelte: Boko Haram.

Auch ein Kindheitsfreund von Ubale schloss sich den Extremisten an und versuchte ihn anzuwerben. Doch diesmal blieb Ubale stark. Er entlud seinen Frust beim Boxen, war ein Naturtalent. Mit 27 stand er das erste Mal im Ring, nur ein paar Monate später trat er bei den Landesmeisterschaften an. Doch dieser Erfolg reichte ihm nicht, er wollte etwas für sein Viertel tun. Am Ort seiner schlimmsten Taten gründete er schließlich die Boxschule.

Das Training lockt viele Kinder und Jugendliche aus der Nachbarschaft an. Sie hocken im Schatten des einzigen Baumes auf dem Sportplatz, drängen sich bei den Kämpfen um den Boxring, kauen auf ihrem Siwak, ein Hölzchen, das als Zahnbürste dient. Ihre mageren Körper stecken in Lumpen. Wird ein Boxer hart getroffen, stöhnen sie auf, fiebern mit, klammern sich am Ringseil fest.

Viele von ihnen sind sogenannte Almajiris. Überall in Kano sieht man sie, die Straßenjungen. Sie liegen unter Autobrücken, streunen durch Gassen. Die meisten stammen aus dem Umland, manche sogar aus Nachbarländern wie Niger oder Chad. Ihre Eltern schicken sie auf eine der vielen Koranschulen der Stadt, stattdessen lernen sie dort nur ein paar Verse auswendig und betteln. Eine staatliche Schule sehen die wenigsten von innen. „Viele können weder lesen, noch schreiben, noch rechnen. Das macht sie besonders anfällig für die Gehirnwäsche von Gangs und Sekten“, sagt Ubale.

Er selbst schaffte es, trotz aller Drogen und Straßenschlachten, seine Schule abzuschließen, begann noch als Mitglied der Shiiten eine Ausbildung zum Lehrer, womit er sich ihrer Doktrin wiedersetzte, die wie Boko Haram westliche Bildung verbietet. Heute weiß er: „Boxen und mein Lerneifer haben mich gerettet.“ Nach seinem Mathestudium schreibt er jetzt seine Masterarbeit in organischer Chemie und erforscht Heilpflanzen aus dem Senegal. Verwischte Formeln, mit Kreide auf eine Wandtafel gekritzelt, zeugen von den Nachhilfestunden, die er in seinem Haus gegeben hat. Als die Terrasse zu eng für all die Boxschüler und Straßenkinder wurde, unterrichtet er an einer Schule um die Ecke, der Direktor hat ihm ein Klassenzimmer überlassen.

„Shehu zu treffen ist ein Segen. Er baut mich auf und hilft mir in Englisch und Mathe“, sagt der achtzehnjährige Sani Muhammad, einer der besten Boxer des Clubs. Auch er stand kurz davor, sich Yandaba anzuschließen. „Doch die führen ein ziemlich nutzloses Leben. Da kann ich bei Shehu mehr aus mir machen:“ Immer wieder muss er erleben, dass Nachbarn und Freunde umkommen, immer wieder macht ihn das wütend: „Wenn ich’s nicht mehr aushalte, höre ich laute Musik. Oder ich geh boxen und hau den Frust raus“. Er besucht die Schule und macht gleichzeitig eine Lehre als Automechaniker. „Aber Autos reparieren ist nur mein Plan B, eigentlich will ich Boxchampion werden“.

Mit dreißig anderen Jungs hockt Sani unter dem Vordach des Boxclubs. Schweiß perlt über Schläfen und Brust. Erschöpft von Hitze, Fasten und Training hängen ihre Köpfe zwischen den Schultern. „Viele da draußen halten euch für aggressive Schläger, weil ihr boxt. Überzeugt sie vom Gegenteil und werdet zu Vorbildern“, ruft ihnen Ubale zu. Die Jungs schauen auf, blicken in sein sanftes Gesicht, hängen an seinen Lippen, obgleich er jeden Samstag wieder seine Geschichte erzählt. Auch heute erinnert er sie wieder an die drei eisernen Regeln seiner Schule: Keine Kämpfe außerhalb des Boxrings, keine Gangs, keine Drogen.

Ein paar Schritte neben Ubale lehnt ein Herr an der Wand und lächelt: Der Politikwissenschaftler Michael Ulufemi Sodipo, 52, Geheimratsecken, sportliche Uhr am Handgelenk, unterstützt die Boxschule. Sie ist ein Projekt seiner Organisation Peace Initiative Network, die er vor 14 Jahren nach einem Pogrom gegen Christen gegründet hat. Als Christ wohnte er in einem muslimischen Stadtteil, als plötzlich die Fenster eines Nachbarhauses barsten. Er wusste, dass sein Haus als nächstes in die Luft fliegen würde und rannte um sein Leben, hinter ihm eine Horde aus hundert Männern, die Macheten schwenkten und schrien: „Tot den Christen!“. Er rettete sich ins Haus eines Freundes, eines Muslims, und musste mit ansehen, wie der Mob sein Haus und Auto abfackelte. „Und das alles nur, weil ich Christ bin und zu einer anderen Ethnie gehöre. Aber vielleicht war es Schicksal, dass es mich getroffen hat und ich den Mut gefunden habe, etwas zu tun.“   

Denn statt sich zu rächen, scharte Sodipo ein Team um sich – Christen und Muslime, ebenfalls Opfer religiöser Angriffe. Mit ihnen entwarf er ein Friedensprogramm. Schülerinnen und Schüler an muslimischen und christlichen Schulen lernen, wie Konflikte entstehen, wie sie zu erkennen und zu entschärfen sind. In Rollenspielen begreifen sie, andere Meinungen und Glauben zu respektieren. Was mit wenigen Workshops begann, hat sich zu Peace Clubs an sechzig Schulen in vier Bundestaaten Nordnigerias als Teil des Lehrplans entwickelt. Mehr als 8000 Schülerinnen und Schüler haben bisher teilgenommen. „Mein Traum ist es, Peace Clubs in allen Schulen Nigerias einzurichten “, sagt Sodipo. Die britische Organisation Peace Direct, die sich für Friedensstifter in Konfliktregionen einsetzt, unterstützt sein Projekt. Mit Honoraren, die er als Experte für andere Stiftungen und Universitäten erhält, zahlt er seine sieben Mitarbeiter. Ebenso Trikots und Bälle für die 32 Fußballteams seiner Organisation, in denen Muslime und Christen zusammen kicken. Auch Boxhandschuhe und Sandsack für Ubale und seine Jungs bestreitet sein Etat.

„Am Anfang war ich skeptisch, ob Boxen helfen könnte, die Gewalt in den Straßen abzubauen“, gesteht er. Doch nachdem er Shehu Ubale kennenlernte, änderte er seine Meinung. Er zeigte Ubale, wie man Gruppen führt, wie man sich organisiert und lud ihn ein, an einem der Peace Clubs teilzunehmen, die seine Organisation auch für Erwachsene gibt. „Es ist wie eine Kette. Shehu gibt die Inhalte und Techniken, die er in dem Peace Club gelernt hat, an die Boxschüler weiter, und die tragen es in den Stadtteil.“

Noch in diesem Jahr wollen die beiden in Brigade ein Ausbildungszentrum eröffnen. Boxschüler und andere Jugendliche aus dem Viertel sollen unter anderem lernen, Kleidung zu schneidern, sie zu besticken, Schuhe selbst herzustellen. Sodipos Organisation hat bereits neun solcher Zentren in Kano und Jos, Hauptstadt und Krisenherd im zentralnigerianischen Bundesstaates Plateau, eröffnet. Ubale soll die ersten Auszubildenden in seinem Viertel auswählen.

„Nicht jeder von euch wird ein Box-Profi werden, also nutzt die Zeit, um nachzudenken, was ihr im Leben machen wollt“, Shehu Ubales Samstagsansprache ist fast vorbei. „Früher habe ich viele falsche Entscheidungen getroffen. Verschwendet nicht so viel Zeit wie ich. Ist nicht leicht, alles hinter sich zu lassen, aber ihr schafft es.“

Alle klatschen, springen auf, strömen durch die Tore in die Straßen von Brigade. Jenseits der Mauer sind sie wieder auf sich gestellt – bis zum nächsten Training.